von Jonas Laager, MLaw, Rechtsanwalt und Notar und Partner BernLex Juristen KLG und Alexander Martinolli, MLaw, Notar und Anwaltskandidat bei BernLex Juristen KLG
Mit Entscheid vom 5. Mai 2023 hat das Bundesgericht über eine einfache Verkehrsregelverletzung im Zusammenhang mit der Nutzung eines Mobiltelefons am Steuer befinden müssen. Das Gericht erklärte in diesem Fall die Handynutzung für zulässig (6B_27/2023).
Die Beschwerdeführerin «A.» fuhr am 22. Juli 2020 einen Personenwagen und hatte dabei ihr Mobiltelefon in der rechten Hand neben dem Lenkrad gehalten und während ein bis zwei Sekunden mit leicht gesenktem Kopf auf das Mobiltelefon zwecks Entsperrung geblickt. Mit der linken Hand hielt sie während dieser Zeit das Lenkrad fest. Die Fahrgeschwindigkeit betrug ca. 50 km/h und die Beschwerdeführerin fuhr die Strecke von ca. 20 Metern ohne Schwenker, bzw. ohne Schwenker innerhalb der Spur und ohne Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer. Es herrschten gute und trockene Strassenverhältnisse und es bestand kein erhöhtes Verkehrsaufkommen.
Für dieses Verhalten wurde die Beschwerdeführerin von der Staatsanwaltschaft aufgrund einer einfachen Verkehrsregelverletzung zu einer Busse von CHF 250.00 (unzulässige Verwendung von Kommunikations- und Informationssystemen) verurteilt. Dagegen setzte sich die Fahrzeuglenkerin zur Wehr und gelangte schlussendlich mit einer Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht.
Dieses hielt fest, dass das Lenkrad grundsätzlich mit mindestens einer Hand gehalten werden muss. Sofern die andere Hand nicht zum Lenken benötigt wird, können mit dieser diverse Handgriffe durchgeführt werden, welche zum Fahren notwendig sind (Betätigung Warnsignale, Richtungsanzeiger etc.). Dauern diese Handlungen nur über eine kurze Zeitdauer, wird dabei der Blick nicht vom Verkehr abgewendet und muss die Körperhaltung nicht geändert werden, liegt in der Regel keine Erschwerung der Fahrzeugführung vor. In diesem Zusammenhang führt das Bundesgericht zahlreiche Urteile auf, in welchen es eine Erschwerung der Fahrzeugbedienung und damit eine Verletzung der strassenverkehrsrechtlichen Vorschriften bejaht oder verneint hat.
Im vorliegenden Fall argumentiert das Bundesgericht, dass ein/e Autofahrer/in, sofern es die Verkehrssituation zulässt, durchaus den Blick vom Verkehr abwenden darf, um z.B. die Geschwindigkeit abzulesen oder auf das Armaturenbrett zu schauen. Das Bundesgericht kommt dabei zum Schluss, dass das ledigliche Halten eines Mobiltelefons neben dem Lenkrad mit dem (zulässigen) Halten eines Apfels, eines Taschentuchs oder einer Zigarette vergleichbar ist. Der Blick während der Dauer von ca. zwei Sekunden auf das Mobiltelefon sei zudem vergleichbar mit einem (bekanntermassen erforderlichen) Blick in den Rückspiegel, womit auch dies zu keiner Reduktion der erforderlichen Aufmerksamkeit geführt habe. Die Fahrzeugführerin sei dadurch nicht in unzulässiger vom Verkehr abgelenkt gewesen.
Entsprechend hiess das höchste Schweizer Gericht die Beschwerde der Fahrzeuglenkerin gut, wies jedoch das Verfahren an die Vorinstanz zur Prüfung, ob das Telefon (ohne Freisprecheinrichtung) zulässigerweise verwendet wurde, zurück.
Dieser Fall verdeutlicht, dass bei Strassenverkehrsdelikten sehr oft ein gewisser Interpretationsspielraum besteht und dass für die Ermittlung eines allfällig strafbaren Verhaltens immer die konkreten Umstände im Einzelfall beurteilt werden müssen. Es lohnt sich daher, in solchen Fällen möglichst früh einen Rechtsbeistand beizuziehen, um zu prüfen, ob der Sachverhalt durch ein Gericht beurteilen werden sollte.
Im Bereich des Strassenverkehrsrechts vertreten wir Ihre Interessen gegenüber den entsprechenden Behörden und unterstützen Sie bei der Geltendmachung Ihrer Rechte.
BernLex Juristen KLG, im Juni 2023
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